Dürfen Welpen Treppensteigen?
Dürfen Welpen Treppen laufen? Was sagt der Tierarzt?
Muss ich meinen Welpen die Treppen rauf- und runtertragen?
Zu diesem Thema gibt es viele Meinungen und Diskussionsforen aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die meisten Züchter warnen die frischgebackenen Welpenbesitzer davor, den jungen Hund Treppen hinauf- oder herablaufen zu lassen. Die Angst vor Hüftproblemen durch zu frühes Treppensteigen ist weit verbreitet. Trotzdem sollten Welpen frühzeitig lernen Treppen zu laufen. Das Maß ist entscheidend.
Wann ist mein Welpe ausgewachsen? Wie groß wird mein Hund?
Vorab ein paar wichtige Fakten über das Knochenwachstum bei großen und kleinen Hunderassen:
Der Zeitpunkt des Wachstumsendes kann nicht eindeutig festgelegt werden, er ist selbst bei Wurfgeschwistern sehr unterschiedlich. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass zwischen dem 4. und 7. Lebensmonat der größte Längenwachstumsschub der Knochen stattfindet. Beeinflusst wird dieses Wachstum durch Bewegung, Ernährung und die Wachstumshormone.
Das Einsetzen der vollständigen Geschlechtsreife beendet das Längenwachstum eines Knochens und führt zu dem Schluss des Knochenknorpels (Verknöcherung der Epiphysenfuge). Im Knochen finden dann noch weitere Umbauprozesse statt, das sogenannte Dickenwachstum. Bei kleinen Hunderassen ist das Wachstum deutlich früher abgeschlossen, als bei großen Rassen. Große Hunde sind oft erst zwischen 1,5 und 2 Jahren ausgewachsen. Nach Abschluß des Knochenwachstums ist die labile Phase der Knochen und Gelenke gebannt.
Tragen oder Laufen?
Immer wieder wird die Frage gestellt: „Muss ich meinen Welpen die Treppen rauf und runter tragen?“
Da es keine einschlägigen wissenschaftlichen Untersuchungen über eventuell auftretende Spätschäden durch Treppensteigen am Bewegungsapparat des Hundes gibt, kann es auf diese Frage wohl keine eindeutige Antwort geben.
Dr. Astrid Schubert, Tierärztin im Tiergesundheitszentrum München: „Fakt ist, dass früher oder später jeder Hund fähig sein sollte, Treppen ohne Angst zu laufen“.
Dies erlernt er nur, wenn man ihn rechtzeitig an Treppen heranführt und durch das stetig zunehmende Treppen gehen die Muskulatur und Koordination trainiert wird. Dabei ist es wichtig die Welpen vom ersten Tag an die Treppen zu gewöhnen und nicht panisch zu werden, wenn sie die Stufen alleine erklimmen.
Körperlich werden sie dadurch keinen Schaden nehmen. Schnelles Hochnehmen oder ängstliches Rufen können Seitens des Hundes zu Schreckreaktionen führen und Stürze oder lebenslange Angst vor Treppen nach sich ziehen.
Die 3 wichtigsten Regeln beim Treppensteigen für Welpen:
- Den Welpe daran zu gewöhnen an der Treppe zu warten, um ihn dann unter Kontrolle die Treppen gehen zu lassen und man sollte das Maß im Auge haben. So ist es sinnvoll in der sensiblen Wachstumsphase und der anfänglichen Tollpatschigkeit den Hund lieber nur ein paar Stufen laufen zu lassen – wenn er dies überhaupt freiwillig macht – um ihn dann weiter zu tragen.
- Wichtig ist es auch die ersten Treppenerfahrungen nur an Treppen zuzulassen, die rutschfest sind. Glatte Mamor- und Holztreppen sind anfänglich unbedingt zu vermeiden.
- Wirklich gefährlich für Welpen in der Hauptwachstumsphase sind Sprünge z.B. über die letzten drei Treppenstufen um den „rettenden Fußboden“ zu erreichen. Aber genau das tun Hunde , die Angst vor Treppen haben, weil sie nicht rechtzeitig daran gewöhnt wurden. Vor allem das Ellenbogengelenk muß die Hauptlast dieses Sprungs abfangen und so kann es hier zu Knochenabsplitterungen kommen. Also die Treppen bis zur letzten Stufe in aller Ruhe gehen lassen, dann kann nichts passieren!
Kein Hüftschaden durch maßvolles Treppensteigen
In einer wissenschaftlichen Untersuchung (Richards et al. 2010 s.u.) wird gezeigt, dass bei Hunden das Hüftgelenk beim Treppensteigen nicht mehr in Anspruch genommen wird als auf geradem Untergrund. Vielmehr wird die enorme Beweglichkeit des Sprunggelenkes ausgenutzt, um dort den notwendigen Schwung zum Treppensteigen zu erzeugen. Somit kann auch hier die Angst vor eventuelle Spätfolgen für das Hüftgelenk genommen werden.
Das richtige Maß entscheidet!
Aufgrund der Fakten über die Beeinflussung des Knochen- und Muskelwachtsums können die Hunde in der sensiblen Zeit zwischen dem 4. und 7. Lebensmonaten Treppen ohne Probleme steigen und zwar mit Unterstützung durch den Besitzer und nach Augenmaß.
Dr. Kerstin Körber, Tierärztin für Osteopathie im Tiergesundheitszentrum München dazu: „Wer z.B. in Zeiten des Stubenreinheits-Trainings täglich alle 2 Stunden 4 Stockwerke zu erklimmen hat, der sollte den Welpen je nach Alter davon nur ein Stockwerk ein- bis dreimal täglich selbst die Treppe gehen lassen. Bis zum 7. Lebensmonat kann das Pensum dann langsam gesteigert werden.“
Auch die Tagesform des Hundes entscheidet, ob er alle Treppen laufen kann oder getragen werden muss. Zeigt der Hund nach langen Spaziergängen Ermüdung dann sollte er getragen werden.
Aber seien wir mal ehrlich: Der limitierende Faktor für das Tragen von großwüchsigen Hunderassen ist meistens das Gewicht des Hundes, denn der Rücken von Frauchen und Herrchen will auch geschont werden.
Junge Hunde laufen nicht nur Treppen, sondern nehmen auch alles in den Mund. Hier heißt es aufpassen – lesen Sie mehr in unserem Artikel: https://www.tgz-muenchen.de/vergiftung-hund/
Quellen:
- RICHARDS, P. HOLLER, B. BOCKSTAHLER, B. DALE, M. MUELLER, J. BURSTON, J. SELFE and D. LEVINE (2010): A comparison of human and canine kinematics during level walking, stair ascent, and stair descent. Wien. Tierärztl. Mschr. – Vet. Med. Austria 97 (2010), 92 – 100.
Hohmann, Mima: 2015 Bewegungsapparat Hund Bewegungsapparat Hund: Funktionelle Anatomie, Biomechanik und Pathophysiologie